Rundfahrt mit offenem Ende

Endlich einmal wieder ein Beitrag in der Kategorie Fahrzeug. Leider.

Von Bourg Nähe Bordeaux kommend, fahren wir in östlicher Richtung: park4night empfiehlt uns einen Platz bei Hautefort mit Badesee, etwa 80 km südlich von Limoges. Wir steuern ihn an, finden ihn mit unterwegs 3x Verfransen – gefolgt von eher weniger denn mehr eleganten Wendemanövern auf einspurigen Landstraßen – und landen pünktlich zur Siesta an der geschlossenen Rezeption. Wir beschließen, zunächst einkaufen zu fahren, Lebensmittel nachlegen.

Bild: Südlich von Limoges
Wir tummeln uns im frz. Südwesten

Eine Werbetafel am Straßenrand signalisiert einen InterMarché in 5min Fahrzeit. Inzwischen mit derlei Angaben: Zeit statt Distanz vertraut, runden wir auf und landen bei 8min. Abzweig verpasst, Nische zum Richtungswechsel am Ortsausgang gefunden, dann wird es plötzlich laut unter uns.

Da kein Lämpchen im Cockpit leuchtet, kein Rauch aus der Motorhaube aufsteigt, der Motor schnurrt und meine Mitfahrer zu diesem Zeitpunkt noch nichts bemerken, lenke ich das WoBi zum Supermarkt in Saint-Agnan. Wir erledigen unsere Einkäufe, gefolgt von einer kleinen Stärkung im Fahrzeug am Parkplatz.

Ich bemühe

  • Vertrauensvoll den ADAC, wozu sind wir schließlich mehrfach versichert; Urlaubszeit ist Reisezeit, viel los, Wartschleife. Da ich keine echte Panne habe, sondern fahrbereit bin, einigen wir uns unverbindlich auf ein „Zur Beobachtung“, ich melde mich wieder
  • Meine grauen Zellen: Reparatur, Autowerkstatt… was heißt das auf Französisch? Ergebnislos
  • Die App QuickDic – „Schnelles Wörterbuch“, das offline funktioniert, sofern man zuvor die Sprachdaten lokal bereitstellte: Werkstatt heißt Atelier (Basteln, aha!) oder Garage
  • Den Kartendienst OsmAnd, um mir die Garagen in der Umgebung anzeigen zu lassen

Wir starten am InterMarché und nächtigen letztlich am 2**-Camping Pont Rouge, der im Nachbar-Beitrag hier als „städtischer Campingplatz“ schlecht wegkommt. Möge die Rundreise beginnen: Im Bildschirmfoto von links/Osten kommen, durchfahren wir mehrfach das Örtchen Excideuil, dessen Schreibweise ich nachher mehrfach im Telefonat mit dem ADAC buchstabieren werde.

Bild: Rundfahrt
Auf der Suche nach einer Werkstatt

Fähnchen im Screenshot:

  • 0 Eher zufällig passieren wir den Zeltplatz, das Ziel.
  • 1 Es ist 11:50 Uhr. Wir fahren auf den Hof der Werkstatt, stellen ab. Ein junger Mann kommt aus dem Hallentor. Auf Französisch teilt er mir mit, es sei gerade (oder heute?) kein Mechaniker da. „Au feu a gauche“, an der Ampel links, eine weitere Werkstatt – vielleicht. Merci, Monsieur, au revoir.
  • 2 Supermarkt, Tankstelle, DEKRA-Prüfstelle. Alles zu, alles dunkel. Zurück zu OsmAnd. Wir peilen (3) an; auf dem Weg von (2) nach (3) sehe ich ein Schild (ist das Pappe?) zu (4).
  • 3 In der digitalen Karte eingetragen, mitten im Wohngebiet. Hier gab es niemals eine Autowerkstatt – höchstens den Briefkasten eines ehemaligen Besitzers einer längs vergangenen Schrauberbude. Wieder einmal wenden wir.
  • 4 Dem zwischen (2) und (3) entdeckten Hinweis folgend, manövriere ich durch eine enge Gasse aus der Bebauung heraus auf ein Feld. Schotterweg, eine Hecke. Eine Stimme von rechts sagt mir, da käme nix mehr. Ich gönne uns die nächste Biegung und siehe da: Eine Halle, einige Autos davor und daneben geparkt. Erneut: Alles zu, alles dunkel. Sackgasse.
  • Während ich auf dem Kies wende, erblicken die wachen Augen meiner Frau ein Schild, das auf Betriebsurlaub hinweist. Bis letzte Woche war hier Betrieb, in drei Wochen geht’s weiter, kaum zu glauben.
  • 5 Letzte Chance, dann geben wir auf: In ca. 10 km Entfernung ein weiterer Eintrag. Im Ort verfahre ich mich prompt erneut, ignoriere die zweifelnde Stimme von rechts und frage beherzt ein Vater-Sohn-Gespann am Straßenrand, ob es hier eine Werkstatt gäbe. Französisch, wir sind am Land. Nagut, in der Pampa.
    • „Eine Werkstatt?“ [Papa grinst]
    • Nunja, als Werkstatt [er dehnt das Wort „Garaaaaaaaaaaaaage“] würde er das nicht bezeichnen, es stünden ein paar Autos herum
    • Ca. 200 m, diese Richtung, ich könne ja mal hinfahren.
    • Richtung und Entfernung decken sich hinreichend genau mit dem, was uns OsmAnd anzeigt. Munter drauflos.
Bild: Autowerkstatt
Würden Sie dieser Werkstatt vertrauen?

Wer das Restaurant aus dem Film From Dusk Till Dawn kennt, möge seine Erinnerung wachrufen. Wir fahren den Titty Twister von der Seite her an. Nebenan ein Wohnhaus; Gartentor zu. In einer bekiesten Bucht, die sehr nach Eigenbau riecht, neben dem schmalen Asphalt kommen wir zum Stehen. Den Motor lasse ich laufen; wir beratschlagen, für heute ist’s genug, Übernachtungsplatz anfahren.

Ich gebe mir einen Ruck und will die Nachbarn fragen, ob wann/was/ hier wie – oder jemals? – Fahrzeuge repariert wurden. Aus dem WoBi heraus umrunde ich das Heck und erblicke überrascht einen jungen Herren in ölbenetzter Kleidung. Höflich-französisch entschuldige ich mich für den Lärm, deute auf meine Ohren und das WoBi. Stichwort, vorher eingeprägt: „C’est le pot d’échappement“?

[Einschub: Franzosen sagen: Der Topf der Abgase, deutsch: Auspuff – Quatre-vingt-dix-neuf lässt grüßen, 99 ist „Vier mal zwanzig zehn neun“ oder 4×20+19, wobei 19 aus 10+9 besteht, dix-neuf, alles klar? Immerhin, es schult das Kopfrechnen von klein auf, doch: Ich schweife ab.]

Mein Zuhörer/-schauer bückt sich routiniert auf der Beifahrerseite (für mitlesende Laien, sowie für mich selbst: „Der Auspuff“ ragt an der Fahrerseite unter dem WoBi hervor, dort wurde ich bei meiner oberflächlichen Fehlersuche nicht fündig) richtet sich wieder auf, deutet nach unten und teilt mir seine Einschätzung mit. 4-5 Sätze, ich verstehe… rien, nichts, nada. Ich bitte ihn, das zu wiederholen, das war mir zu schnell. Er wiederholt… in der gleichen Geschwindigkeit. Ich nicke verständnisvoll.

Nein, er hat keine Zeit, das zu Fixen, er ist voll mit Aufträgen. Ob ich damit nach Hause fahren könne, 1000+km? – Klar, Du kannst auch 2000km fahren, das ist nur der Lärm, dem Motor macht das nichts aus. Zum Beifahrersitz hin signalisiere ich nach einigen Münzen als minimaler Dank; der junge Kfz-ler winkt ab. Mit Hundeblick und einem „pour caffee..?“ kann ich mich letztlich doch erkenntlich zeigen.

Wir folgen der Straße weiter. Es wird eng, Außenspiegel anlegen zwischen romantischer Bruchsteinmauer-Hauswand und kniehoher, romantischer Bruchsteinmauer-Begrenzung zum Grundstück links der Straße. Da wir kein Schild sahen, dass das Gewicht oder die Fahrzeugmaße in der Durchfahrt begrenzt, kommen wir – beidseits Büsche streifend – durch.


Satter Sound, den wir da haben. Kräftiges Blubbern, beim Beschleunigen klingt’s wie ein Panzer. Anschleichen kannst Du Dich mit einem 3,5t-Diesel ohnehin nicht, aber jetzt sind Dir alle Blicke gewiss. Später am Stellplatz bemühe ich das Internetz.

  • Ducato Auspuff laut – meinten Sie vielleicht Ducati?
  • Wie bekomme ich meinen Auspuff lauter?
  • Kann ich den Schalldämpfer abklemmen?

Ich merke, hier habe ich einen Vorzeichenfehler verbaut, die Leute wollen mehr Lärm anstatt weniger. Mir ist es umgekehrt lieber: Leiser ist besser, aus Rücksicht auf andere und für den eigenen Fahrkomfort: Man kann sich schlichtweg innen besser unterhalten, wenn es von außen weniger dröhnt. Folglich sollte ich meine Suchbegriffe ändern.

Zum Abschluss des Abends knipse ich die Neuerkenntnis unter dem Beifahrersitz und telefoniere mit dem ADAC, der sich um eine Werkstatt kümmert. Aber das… ja, das ist eine andere Geschichte.

Bild: Auspuff
Wenn man weiß, wo man hinschauen muss, ist’s klar erkennbar

Nachtrag am 25. August 2024: Interimslösung gebastelt, Reise fortgesetzt.

3 thoughts on “Rundfahrt mit offenem Ende

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