Ungebetene Gäste

Wir halten am Parkplatz einer Supermarkt-Kette in Deutschland. Ich gehe los, Essen jagen zum Hähnchenbräter, die beiden anderen bereiten im WoBi Beilagen für das Mittagessen vor. Frau wurschdeld vor sich hin und denkt an nichts Böses. Ein Kastenwagen parkt zwei Plätze weiter. Der Fahrer steigt aus und schlendert auf das WoBi zu.

Gast: „Da oben [zeigt in eine bestimmte Richtung] ist ein wuuuuuuuuunderbarer Stellplatz!“

Frau, zurückhaltend: [Verwundert mangels Begrüßung und des unerwarteten Informationsflusses] „Aha?!“

Gast: „Ja! Und wenn ihr nach Dingshausen [den wahren Namen des Orts haben wir uns mit voller Absicht 🙂 nicht gemerkt] weiterfahrt [gestikuliert euphorisch in eine andere Richtung], da habt ihr… und…“

Frau: „Hm-hm“

Gast: [Zeigt auf sein Gefährt] „Das ist mein Zweit-Camper. Wegen dem Hund.“

Frau: [Guckt kurz in die Richtung] Nicken.

Gast: „Also dann…“ [Trollt sich Richtung Bräter]

Gedächtnisprotokoll

Ca. 256 Sekunden später bin ich mit Beute zurück, wir beginnen gemütlich zu Futtern. In aller Ruhe. Weitere drei Minuten später kündigt sich Besuch an. Der selbsternannte regionale Reiseführer von vorhin vertritt die Auffassung, es wäre nötig, derart wesentliche Informationen an alle Mitglieder unserer Reisetruppe weiterzugeben (zumal es sich beim Erst-Gespräch (nur?) um die Frau im Bunde handelte) und er mir das ebenso auf’s Brot schmieren muss. Folglich…

Gast: „Da oben [zeigt in eine bestimmte Richtung] ist ein wuuuuuuuuunderbarer Stellplatz!“

Wir: …

Gedächtnisprotokoll²

Neuer Ort, neue Situation: Ein improvisierter Stellplatz hinter einem Restaurant auf einer Wiese in Frankreich. Ländliche Idylle. Es ist ca. 21:30 Uhr, noch hell. Wir haben rund zehn Stunden (Brutto-) Reisezeit hinter uns. Der anvisierte Campingplatz schloss seine Pforten gegen 19 Uhr. Alternativen? Ja, weitere zehn Minuten fahren. Müde, erschöpft, hungrig und mit plattem Hintern stellen wir das WoBi auf der o.g. Wiese ab. Ungefähr 20 weitere Camper, Wohnmobile und Busse sind dort im Schlummer-Modus geparkt.

Plan: Schnelles Abendessen, ab in’s Bett, morgen früh zeitig weiter. Während der Vorbereitungen des Essens / der Nachtruhe kurzer Plausch mit dem Restaurantbetreiber, der uns besucht. Ich verräume draußen irgendwelche Sachen. Ein rauchender Nachbar nähert sich mit einem breiten „Mooooooooooin!“ an.

[Sein Gefährt steht auf dem hintersten Platz; gut möglich, dass er der allererste am Platz war, heute.]

Gast: „Na, gab’s irgendwie Probleme?“ [bezieht sich auf mein Gespräch mit dem Platzbetreiber, das er kurz zuvor beobachtete]

Ich: „Nein, nein, gar nicht. Hat uns sein Konzept vorgestellt. Ich gehe nachher nochmal kurz vor. Davor allerdings Kind ins Bett, das hat Priorität.“

Gast: „Ja. Also, wir haben da den Strom abgenommen. (Preise siehe Bild in diesem Beitrag) Und haben im Restaurant gegessen. Ganz hervorragend. Und er verkauft Produkte aus eigener Herstellung. Sehr lecker, dieser Apfelsaft. Die haben so einen [Kippe im Mundwinkel, zeigt mit beiden Händen die Größe – ich käme auf 20l] 5l-Kanister. Toll!“

Ich: [denke mir: Aha, 5l Saft, wann sollen wir das verzehren, wie lagern? Beengter Raum im Gefährt, zum Kühlen ist der Ballon zu groß weil er keinen Platz im Kühlschrank finden wird, bedeutet Umfüllen also Mehrarbeit; irgendwann hängt Dir dann der eingangs „so lecker!e“ Saft zum Hals heraus. Du zwingst Dein Kind, Apfelsaft zu schlucken, bis der in Echtzeit produzierte Stuhlgang ganze Plantagen sprießen lässt. Schiebst den Ballon – genervt, Stufe 4 – in die andere Ecke im WoBi. Riechst mal dran. Ärgerst Dich, dass nach 1,5 Wochen gefühlt immernoch 4,5 von 5l übrig sind. Wohin mit dem Kanister, wenn er leer ist, wie entsorgen? Achso, war da Pfand drauf? – Kurzum: Nix für uns, Du Trottel!] „Danke für den Tipp. Ich geh‘ später mal vor, erstnochKindin’sBett.“

Gast: „Gerne. Wir sind ja schon heute Mittag angekommen. Toller Blick.“

Ich: [freue mich, dass eine Zigarrettenlänge endlich ist] „Hm-hm…“ [und tue ganz besonders geschäftig]

Gast: [Winkt und zieht von Dannen]

Gedächtnisprotokoll

Zwei Fragen, die wir uns stellen:

  1. Redeanteil „Gast“ versus Redeanteil „Ich“ bzw. „Wir“
  2. Um einen echten Dialog oder ein aufrichtiges Interesse am anderen (uns) kann es kaum gehen, Gespräche verlaufen als Einbahnstraße, nur einer spricht, der andere hörte zwangsläufig nur zu. Warum kommen Leute (Deutsche?) ungefragt auf die Idee, uns ihren Müll abzuladen?

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