0,12 Urinalbecken je 10 Gäste?
Achtung, dieser Beitrag enthält unnützes Wissen. Ausschließlich.
Zum Einstieg meine persönliche Ansicht: Wir haben zu viele WCs. In der Gastronomie in Bayern. Leer, ungenutzt, putzen und warten/pflegen muss sie dennoch jemand, Platz brauchen sie auch.
Seit Jahren beschäftigt mich diese Beobachtung: Gastraum und Terrasse, ca. 200 Sitzplätze. Es gibt genau 1, in Worten: EINE, Toilette. Für alle Wesen der Gattung „Mensch“, unabhängig von tatsächlicher, gewünschter, gefühlter oder momentan erhoffter geschlechtlicher Zuordnung, denn: Wir wollen alle dasselbe.
Wo? Im Ausland. Meiner schwindenden Erinnerung nach egal, in welchem. Italien, Spanien, Frankreich, Slowenien, Kroatien. Vielleicht muss man kurz warten, weil grad besetzt; erlebt habe ich das selten. Äußerst selten, und wenn, empfand ich das Warten niemals als störend.
200 Plätze, 1 Klo. Ich frage mich:
- Warum geht das?
- Wie geht das?
- Warum ist das bei uns in Deutschland anders?
Meine Fremdsprachenkenntnisse reichen nicht aus, mich mit außerhalb Deutschlands geltenden Regeln (sofern vorhanden?!) vertieft zu beschäftigen. Hier verlasse ich mich auf eigene, regelmäßige Beobachtungen, die sich immer und immer wieder bestätigen. Für Fakten greife ich auf Vorgaben zu, die in D, genauer: Bayern, gelten.
Im Alltag fehlt mir die Muse, mich mit solchen Nebensächlichkeiten zu beschäftigen. Jetzt hab‘ ich Zeit. Im „Neuland Internet“ (Angela Merkel, 2013) suche ich nach „toilette vorschrift bayern gaststätte“ und finde:
- Größe der Toilettenanlagen in Bayern via hotelier.de – ACHTUNG, seit 2005 ungültig, für Bestand und zur Orientierung andwendbar
Die Angaben beziehen sich auf die Fläche des Gastraums
sowie - § 12 Toilettenräume via Bayern.Recht der Bayerischen Staatkanzlei (dort muss man’s ja wissen)
Die Angaben beziehen sich auf die Besucherplätze
Daraus extrahiere ich die nachfolgenden Inhalte.
(1) entnehme ich: 3 Urinale entsprechen 2,0 m Rinne; Division ergibt: 2 m Rinne / 3 Urinalbecken = 0,67 m oder:
0,67 m Rinnenlänge entspricht einem Urinalbecken
Das dürfte grob stimmen, wenn ich mich an gängige Becken und Rinnen entsinne. Geht es enger zu, so lässt sich der Durchlauf mit einer Rinne durch Verdichtung der Gäste, rein männliche hier, in Rinnen-Längsrichtung erhöhen; ähnlich der Supermarkt-Kasse im Discounter mit den kurzen Ablageflächen, die für gesteigerte Geschwindigkeit und damit Umsatz sorgen. Mangels eigener Putzerfahrung hiermit rein geschätzt: Die Reinigung von 0,67 m Rinne ist schneller, einfacher und kostengünstiger zu erledigen als die Reinigung eines Urinals. Hingegen wirkt ein Urinalbecken edler als die 0,67 m Blechrinne.
(2) entnehme ich: 1,2 Urinalbecken je 100 Besucherplätze (keine Trennung in m/w/d/x/y/z. Die Vorgabe versagt kläglich, wenn beispielsweise reine Damen-Fußballmanschaften gastieren). Mathematisch sind das 0,12 Becken je 10 Besucher – siehe Überschrift – oder 0,012 pro Nase bzw. Nudel. Rechne ich das mit (1) um, so erhalte ich: 1,2 x 0,67 = 0,8 m Rinnenlänge je 100 Gäste. Weitere Erkenntnis: 100 / 1,2 = 83,3 oder anders formuliert: Mit einem Urinalbecken decke ich 83 (abgerundet, da Menschen in aller Regel als ganzzahlige Elemente in Erscheinung treten) Besucher ab.
Dem geneigten Leser überlasse ich es, mittels eigener Anwendung des Dreisatzes die beiden Quellen (1) und (2) zu verknüpfen bezüglich der Fragen:
- (I) Wieviele Gäste x darf ich bedienen bei einer vorhandenen Fläche von y m²? -oder-
- (II) Wieviele m² x an Gastraum muss ich bereitstellen, um y Kunden glücklich machen zu dürfen?
Wer mag, fühle sich herzlich eingeladen, Lösungsansätze zu kommentieren 😉
Zur Eingangsfrage mögen diese Zahlen veranschaulichend dienen. Ich übernehme die Tabelle (siehe (2)) von Bayern.Recht und passe sie an für meine geschätzten 200 Plätze, also 200 Besucher.
Da a) Besucher und b) Toilettenbecken sowie Urinale „am Stück“, integer, ganzzahlig auftreten, runde ich final auf in der waghalsigen Annahme, der Gesetzgeber würde das genau so handhaben.
Besucherplätze | Damentoiletten | Herrentoiletten | |
---|---|---|---|
Toilettenbecken | Toilettenbecken | Urinalbecken | |
bis 1000 je 100 | 1,2 | 0,8 | 1,2 |
Für 200 Gäste: x2 | 2,4 | 1,6 | 2,4 |
Ganzzahlig aufgerundet | 3 | 2 | 3 |
Ich blende die Urinale aus und zähle lediglich die Schüsseln, siehe Randbedingung zu Beginn dieses geistleeren Beitrags. Als Ergebnis zum Vergleich erhalte ich:
- 200 Besucherplätze im Restaurant
- 5 Toilettenbecken (3+2) in Deutschland
- 1 Toilettenbecken im Ausland
Rennen wir Germanen 5x so häufig auf’s stille Örtchen wie unsere (südländischen) Nachbarn? Haben wir kleinere Blasen? Trinken wir mehr? Absichernde Statistik in die Kommentare.
Ignoriert habe ich bei all diesen ebenso unsinnigen wie hübschen Betrachtungen die Rollstuhlbenutzer und den obligatorischen Vorraum mit Waschbecken. Seht es mir nach.
Wenn ich König von Deutschland – oder zumindest: Bayern – wär‘ würde ich das lösen wie folgt:
- Ein edles, geräumiges WC
- Für alle
- Begründung: Im restlichen Europa (damit meine ich: Außerhalb Deutschlands) funktioniert es ebenso
- Als besonderer Service für meine Gäste sehe ich freiwillig ein zweites baugleiches Toilettenbecken vor, samt Handwaschbecken, Seife, Trockner und allem, was dazugehört
- Geöffnet ist immer nur eines davon, das andere wird gereinigt. Wechselbetrieb. (Lässt sich auf Dusch- und Waschräume für Campingplätze ausweiten)
- Schild mit: WC – die unnötige und unsinnige Trennung in m/w/d/x/y/z sowie die Unterscheidung in mit oder ohne Rolli oder vergleichbare Einschränkungen entfällt
- Urinale, freiwillig: Zwei – um die/das Toilettenbecken zu schonen. Beschriftung: Urinal. Ein m wäre hier diskriminierend und/oder würde nicht-m-Menschen ausschließen, oder?
Damit spare ich drei Becken und ein Urinal, und zwar
- In der Anschaffung und
- In der regelmäßigen Reinigung
Die Ersparnisse investiere ich in 2+2 solide Bereiche, zyklische Pflege und ein Gast-freundliches Auge auf Verbrauchsartikel der menschlichen Hygiene.
Schätze, das Vorhaben scheitert, da ich nicht plane, eine Kneipe zu eröffnen – und, geläutert durch die Nicht-Umsetzung einer Maut auf deutschen Straßen, daran zweifle, dass mein europäisches Piesel-Argument bei germanischen Behörden gehört werden würde.
Für Besucherparkplätze dürften vergleichbare Regelungen greifen, schätze ich. Ich belasse es bei dem für WCs Gelernten.
NACHTRAG am 22. August 2024: Es ist möglich, Urinale vorzutäuschen. Ein solches Etablissement verfügt demnach über 0,0 Urinalbecken. Gäste kommen trotzdem.
Freizeitcamper und Seltenheitsblogger
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